Herzlich Willkommen
bei dem stillsten Zimmerchen der Poesie.
Ein Zauberschmetterling harrt nur darauf, von Ihrem, lieber Gast-Dichter, schönen Gedicht durch Bieneschriften
berührt werden zu können.
Die Biene ist hier eine Traumfliegerin durch Musenhaftigkeit der Ontologie
Wie weit blickst du hier
zum Horizont. Hoch oben. Hochkalter. Bruder.
Der Fels. Der Wind. Die Kälte. Blaueis glitzernd unter dir.
"Halt dich fest an mir!"
Berg, lass mich heimkehren. Still. Demut und Respekt
hast du mich gelehrt. Und doch - vor allem eines: Freiheit.
Elisabeth Schiefer
Die rote Haube.
Das gefleckte Federkleid.
Ein Specht auf dem Baum.
Sein Vogelschrei nie gehört.
Klopfend in der Haut des Stamms.
Er kennt kein morgen.
Er lebt nur für das Heute.
Glück des Unwissens.
Der Mensch sorgt sich jeden Tag.
Die Zukunft verdirbt das Glück.
Helena Kreismann
Der Mirabellenbaum
Der Frühlingsbote -
Unser Mirabellenbaum
Im weißen Kleid.
Hoffentlich auch ohne Frost -
Die Ernte wird uns erfreu’n.
Die Menschheit jubelt,
Wenn alles nach Plan läuft,
Ist unzufrieden,
Wenn etwas dazwischenkommt. Akzeptier‘ den Tatbestand!
Elisabeth Epp
Am Borretsch summt es
- Füllige Bienenweide!
Der Löwenzahn blüht
- auch die Schmetterlinge woll´n
den ganzen Nektar naschen.
„Mach das Unkraut weg!“
ruft´s aus dem Nachbargarten.
Da will wohl jemand
den wilden Naturgarten
nicht im eigenen Beet seh´n.
Christoph Reinsch
praktische theorie
wo wald wald ertraeumt
fuehren wege gern zurueck
zum weg der natur
tritt der mensch wieder zurueck
und laesst fauna flora sein
seiend sei dein sein
die fiktion in der fiktion
subjektkonstruiert
bald wie erkenntnistheorie
des betrachters auge du
Michael Johann Bauer
Der Falter sitzt still
unter dem suchenden Aug,
in bunten Blüten,
bis der Wind sie weiterträgt,
Augen, Blüten und Falter.
Wir ragen ins Nichts,
aus Kindheit in Selbstmitleid,
aus Gier in den Schmerz,
derweil sich die Erde dreht
und Sinn und Freude warten.
Jan Stechpalm
Blätter ohne grün
Mit gelb und rot entfärbet
In neuem Gewand
Den Wald ganz neu bekleidet
Verzaubert uns der Herbststurm
Unwiederbringlich
Jeder Tag im Herbst ist neu
Blatt ist nicht gleich Blatt
Trotz gleicher Jahreszeiten
Alles neu trotz Wiederkehr.
Sascha Keller
Die Sonne glitzert
Mild durch den Schleier hinab.
Um mich ein Schweigen,
Das den Herrn Winter begrüßt,
Den einsamen Reisenden.
Ich bedaure es
Das Wissen um mein Scheitern
Und bin doch am Ziel.
Wie lange es gedauert
Mich letztendlich zu finden.
Nelly Klein
Das Eichhörnchen gräbt
heut an derselben Stelle,
wie es gestern tat
und bereits den Tag zuvor,
ohne Nüsschen zu finden.
Wenn ich doch nur auch
ein solch schlecht Gedächtnis hätt,
ging das täglich Werk
vielleicht leichter von der Hand,
doch Wiederholung quält mich
Martin Wolkner
Draußen im Walde
Leben die Tiere so frei
In Frieden und Ruh’
Und wie mit Falters Schwingen Erreichen sie jeden Ort
Freiheit hat Grenzen
Sie ist eine Utopie
Sie wird nie erlangt
bleibt erdachte Harmonie Unerreichbar doch erhofft
Annika Haase
entschlüpft dem Eise
gestreckte Glieder. lichtwärts
dem Strome folgend
sich zum Delta zu weiten
Pulsschlag ewiger Natur
geöffnet blüht
Wärme in den nahen Park
das Mädchenlachen
entlang den Bänken huscht
frühlingslose Leichtigkeit
Bastian Kienitz
Nebel wie Schleier
legen sich auf dir nieder,
Fischernetzen gleich,
halten dich sanft gefangen,
wickeln dich in graues Garn.
Nebel bezwingt dich
auch im Inneren schleichend,
Gedanken weichen,
vor der Heimatlosigkeit,
die deine Seele beherrscht.
Hannah Boxleitner
Grün, rot, gelb, orange
so rufet die Blütenpracht.
Sich wiegend im Winde,
wo noch Blumen im Feld steh'n,
wo noch Menschen spazier'n gehn.
In dir find ich mich
Liebe und Nähe sind mein.
Ich kenne mich nicht
wär da nicht meine Liebe,
mein Zuhause, mein Leben.
Anna-Katharina Bissantz
Gestern erster Schnee
Ganz frisch am Fenster vorbei.
Neugierig war ich.
Sehnsucht nach neuen Lüften.
Vermiss‘ Kälte von draußen.
Augen von Menschen
Bin ich gar nicht mehr gewohnt,
Einsam hinter der Haustür.
Blicke mit Nachbarn vereint.
Zusammen auf bald gehofft.
Jana Voldman
Ein Fuchs streift umher.
Die Wiese, sein Jagdrevier.
Und seine Heimat.
Feldmaus betritt die Bühne.
Das wird bald ihr Ende sein.
Doch was ist der Tod?
Wenn nicht ein Teil des Lebens?
Es ist das Schlusswort.
Das finale Kapitel.
Einer Lebensgeschichte.
Sylvia Hahn
Diejenigen, die
Im Himmel das Meer sehen,
und im Flusswasser
die Wolken, denjenigen
leuchtet ihr Augenlicht hell.
Diejenigen, die
ihr Licht verloren haben,
sind es, die denken,
sie müssten es erfinden
mit geschlossenen Augen.
Tessa Goliasch
Winterkälte liegt
schwer auf dem kahlen Laubbaum
nirgends mehr ein Blatt
doch wenn du genau hinschaust
siehst du dass er Knospen trägt
Winterknospe, Bild
der Stärke und der Hoffnung!
Schon im Herbst beginnt
ihr Leben und braucht Kälte
um im Frühjahr zu erblühn
Christine Todsen
Leere Äste sieht
der verlassene Vogel
in müder Distanz.
Fernab das Flügeltoben.
Unruhig seine Schwingen.
Anziehung zwischen
Zusammengehörendem.
Zusammenkommen
heißt auseinanderreißen.
Die Nähe bleibt im Abstand.
Maximilian Petrat
Wolken fliesen den
Himmel marmorweiß. Wind stillt
die abgebauten
Segel des Schiffs, vorm Sturm schon
einsam in den Sand gesetzt
Aus den Augen zu
gehen, schützt vor Verletzung.
Ein Glasauge, mehr
noch ein Auge zugedrückt,
verliert nicht den sechsten Sinn.
Manfred Pricha